Bei ProjectTogether arbeiten Menschen aus ganz verschiedenen Disziplinen zusammen, die durch ihre vielfältigen Hintergründe täglich voneinander lernen. So ist auch Julia Hübner seit dem 1. Dezember 2022 als Office und Event Manager Teil unseres Teams. Ihre Botschaft: „Only the strong stay soft.“ Im Interview erfährst Du, was Julia in ihrer Rolle bei ProjectTogether besonders wichtig ist und warum.
Julia, wie bist Du zu ProjectTogether gekommen?
In meinem letzten Job habe ich die Social Media Talkshow KARAKAYA TALKS als Social Media Managerin und PR-Strategien mit aufgebaut. Im Rahmen des von ProjectTogether gestarteten UNMUTE NOW Programms erhielten wir drei Stipendien. So lernte ich die Organisation als Stipendiatin kennen und schätzen.
Was ist Deine Rolle bei ProjectTogether? Was machst Du dabei konkret?
Ich verantworte zwei Rollen, das Office Management und das Event Management. Das heißt, ich erledige die Bestellungen für den Community Space, sorge dafür, dass der Office- und Event-Space sauber und ordentlich ist und organisiere gemeinsam mit den Teams die Veranstaltungen, die bei uns vor Ort stattfinden. Da ich die Ansprechperson für über 100 Menschen bin, ist kein Tag wie der andere. Ich spreche täglich mit unterschiedlichsten Menschen, von Catering-Services über gesellschaftspolitische Initiativen, die bei uns im Community Space eine Veranstaltung planen, bis hin zur Reinigungsfirma.
Was ist Dir persönlich bei der Arbeit wichtig?
Geld ist Macht. Das heißt, mit der bewussten, gut durchdachten Auswahl von Dienstleistungen können wir aktiv zu mehr Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft beitragen. So stelle ich mir vor der Beauftragung von Caterings die Fragen: „Sind die verwendeten Lebensmittel biozertifiziert?“, „Können wir CO2 einsparen und zu mehr Tierwohl beitragen, indem wir ein veganes Menü anbieten?“, „Wie divers ist die Geschäftsführung? Ist sie nur weiß und akademisch besetzt oder sind auch Perspektiven von weniger Privilegierten vertreten?“, „Welchen Stundenlohn kriegen die Fahrer:innen?“, oder auch „Wie groß ist das Unternehmen? Kann ich mit meiner Beauftragung ein kleines Unternehmen stärken?“ Wir geben als Organisation selbst viel Geld aus. Es macht einen Unterschied zwei-, dreimal darüber nachzudenken, wer es bekommt.
Wir geben als Organisation selbst viel Geld aus. Es macht einen Unterschied zwei-, dreimal darüber nachzudenken, wer es bekommt.
Julia HübnerOffice und Event Manager
ProjectTogether
Was motiviert Dich an der Arbeit mit ProjectTogether?
Wir beschäftigen uns mit großen und komplexen Fragen. Das ist gerade in der heutigen Zeit wichtig: Komplexität anzuerkennen, zu differenzieren und immer wieder kritisch zu hinterfragen.
Was braucht es, damit gesellschaftliche Transformation gelingen kann? Was denkst Du persönlich?
Auf einem Demo-Plakat las ich mal den Satz: „Only the strong stay soft“. Wie wahr, dachte ich. Sanft bleiben, ist Arbeit. Empathisch bleiben, ist Arbeit. Zuhören ist Arbeit. Wir brauchen sie, diese Arbeit. Diese Auseinandersetzung, einander herauszufordern, kritisch zu hinterfragen und Grenzen aufzuzeigen.
Stichwort Auseinandersetzung. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es uns weißen Deutschen sehr schwerfällt, mit dieser Auseinandersetzung. Vor allem, wenn es um die Themen Diskriminierung, Nationalsozialismus und Kolonialgeschichte geht. Da wird mir zu oft geschwiegen, weggeguckt und ignoriert. Auch wenn rassismuskritische Autor:innen wie Alice Hasters und Tupoka Ogette Bestseller-Erfolge feiern, ist die Relevanz und Dringlichkeit dieser noch zu erledigenden Arbeit noch nicht in der Breite der Gesellschaft angekommen.
Dabei ist Diskriminierung doch die Grundlage von allem. Plakativ gesprochen: Diskriminierung entscheidet darüber, wer wo wohnt, wer wo zur Schule geht, welchen Abschluss macht, wer mit wem befreundet ist und wer wie viel Geld auf dem Konto hat. Wer wie viel Zeit und Kraft investieren muss, um eine gewisse Position zu erreichen und wessen Arbeit geschätzt wird.
Der Rechtsdruck ist für mich eine Bestätigung dafür, dass wir in Deutschland unsere Geschichte(n) noch nicht aufgearbeitet haben. Interessant in diesem Zusammenhang finde ich auch die Ergebnisse der Studie des Kölner Soziologen Dr. Ansgar Hudde, die aufzeigt, dass junge Männer eher konservativ und junge Frauen eher progressiv wählen. Wäre die Gewalt, die in veralteten Rollenbildern steckt, angemessen aufgearbeitet, wäre jungen Männern bewusst, dass auch sie nicht frei leben in einer Gesellschaft, wo die Hälfte der Menschen unterdrückt werden.
So sind wir als Individuen gefragt. Wir müssen an den Kern ran, uns im Spiegel in die Augen schauen und ehrlich fragen: „Welche rassistischen Denkmuster habe ich?“, „Wie sexistisch ist mein Denken und Verhalten?“, und auch: „Welche Rolle hatte meine Familie im Nationalsozialismus?”. Wir müssen da einmal durch – auch wenn es anstrengend ist.
Die Schritte „Aufarbeiten und Verlernen“ überspringen geht nicht. Sind wir sie jedoch gegangen, kann das richtig gut werden. Für alle.
Liebe Julia, herzlichen Dank für das Gespräch!
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Fotos: Marlene Limburg und Samuel Groesch.