Das war das Farm-Food-Climate Festival 2023

Königslutter/Berlin. Unsere Böden sind weltweit von Erosion und Humusschwund gefährdet. Jetzt gilt es, unsere wichtigste Lebensgrundlage zu sichern und zu erhalten. Deshalb haben wir vom 6. bis 8. September 2023 zum zweiten Farm-Food-Climate Festival in die Domäne Schickelsheim bei Braunschweig eingeladen. Rund 250 Landwirt:innen, Verwertende, Praktiker:innen, Menschen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft haben gemeinsam vor Ort Lösungsansätze entwickelt. 

„Was hier in den nächsten zwei Tagen passieren wird, ist eine der Essenzen von Farm-Food-Climate“, kündigte Philipp Burckhardt (Mission Lead Farm-Food-Climate bei ProjectTogether), zur Eröffnung an. „Es spiegelt wider, was ProjectTogether bedeutet: Zusammenkommen, zusammen arbeiten, zusammen sein.“ Gemeinsam an Lösungen zu arbeiten sei jetzt besonders wichtig, sagte auch Philipp von der Wippel (Geschäftsführer von ProjectTogether): „Der Grund, warum wir hier zusammenkommen, ist, dass wir Vertrauen brauchen. Es gibt immer noch zu viele Fronten. Nur wenn wir diese auflösen und gemeinsam Lösungen finden, die in der Umsetzung möglich sind, machen wir auch Fortschritte.“

Gemeinsam arbeiten wir an den Lösungen von morgen

In mehr als 60 Open Sessions, Panels und Keynotes haben die Teilnehmer:innen diskutiert, gebrainstormt und Lösungsansätze entwickelt. Das Begleitprogramm – von morgendlichen Yogasessions über das gemeinsame Abendessen an der großen Tafel und Live-Musik auf der Bühne – bot viel Raum für gemeinschaftliche Erlebnisse.

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Es geht darum, regionale Partnerschaften und Kooperationen zu pflegen. Wir müssen uns fragen, ob wir auf dem Land attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen wollen, die auch fair bezahlt werden. Wenn wir das wollen, dann brauchen wir Kooperation. Das geht nur zusammen.

Hannes HöhneLandwirt und Agrarbetriebswirt

Besonders wichtig war es dem ProjectTogether-Team, die Perspektiven der Landwirt:innen einzubeziehen: In einem von der Agrarjournalistin Martina Leißner moderierten Panel sprachen Franziska Bennecke (Landwirtin aus Kissenbrück/NIedersachsen), Michael Reber (Landwirt, Blogger und Initiator des Podcasts Boden & Leben), Hannes Höhne (Landwirt und Agrarbetriebswirt) und Karl-Friedrich Wolff von der Sahl (Landwirt Rittergut Lauingen, Königslutter/Niedersachsen) über ihre Herausforderungen, Bedürfnisse und Erwartungen an die Gesellschaft und Politik. 

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Ich sehe keine Bildungslücke in der Landwirtschaft, sondern über die Landwirtschaft. Wenn ich Bücher sehe, in welchen der Bauer mit Heugabel in der Hand dargestellt wird, bekomme ich immer wieder das Schaudern.

Friedrich Wolff von der SahlLandwirt Rittergut Lauingen, Königslutter/Niedersachsen

Die Festival-Teilnehmer:innen waren sich einig: Als Gesellschaft möchten wir die Landwirtschaft ökologisch transformieren und sie gleichzeitig ökonomisch rentabel für Landwirt:innen gestalten. Doch wie können wir Wertschöpfungsketten so neu gestalten, dass Landwirt:innen in einer regenerativen, transformierten Landwirtschaft unabhängig von staatlichen Förderungen existieren können?

Dieser Frage widmeten sich Freya von Czettritz (CEO der DLG Holding), Tobias Bandel (Head of Biome, Landbanking Group) und Dominik Ewald (Vorstand der German Agrifood Society) in dem Panel „Wie finanzieren wir die Transformation der Ernährungswende?“, unter der Moderation von Olaf Deininger (Chefredakteur der agrarzeitung).

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Es gibt einen ganz großen Willen der landwirtschaftlichen Betriebe, diesen Wandel mitzugestalten. Was Landwirte allerdings brauchen, ist Planungssicherheit. Sie müssen wissen: Was kann ich heute produzieren, was mir morgen auch noch abgenommen wird?

Freya von CzettritzGeschäftsführerin
DLG Holding

Für die Transformation der Ernährungs- und Landwirtschaft gilt es, Wertschöpfungsketten sozialökologisch zu gestalten. Das betonten Stephanie Wunder (Leiterin Nachhaltige Ernährung bei Agora Agrar), Charis Braun (Agrarökonomin und Organisationsberaterin bei zwischen_feld) und Anja Ettner (Wertschöpfungskettenmanagerin Region Ost Biokreis e. V.) in einem Panel, das von Marisa Hübner (Entrepreneur in Residence Farm-Food-Climate bei ProjectTogether) moderiert wurde.

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An der Ernährungskrise sehen wir: Wir müssen resistenter werden, regionaler wirtschaften und handeln. Aber wir müssen auch qualifiziert diskutieren und es nicht nur auf Regionalität beschränken. Was sind die Dinge, die wir langfristig etablieren wollen? Da müssen wir breitflächig investieren und systemisch denken.

Stephanie WunderLeiterin Nachhaltige Ernährung
Agora Agrar

Weniger Dogmatismus, mehr attraktive Zukunftsbilder

Was wir im Kleinen tun, hat globale Auswirkungen. „Sei der Wandel, den Du in der Welt sehen möchtest“ ist das Motto von Raphael Fellmer. Er ist Unternehmer, Klimaaktivist, Autor und Mitbegründer des Berliner Impact Startups SIRPLUS, das überschüssige Lebensmittel entlang von Wertschöpfungsketten rettet. In seiner Keynote erzählte er von seiner Vision.

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Es ist eine moralische Katastrophe, dass es auf der Welt noch immer so viele hungernde Menschen gibt und dass wir zugleich so viel mehr Lebensmittel produzieren, als wir eigentlich auf einem begrenzten Planeten brauchen. Deshalb ist es mein Traum, eines Tages eine Welt zu schaffen, in der alle Menschen genug zu essen und zu trinken haben.

Raphael FellmerGründer
SIRPLUS

Auch Nikola Steinbock, Sprecherin des Vorstands der Rentenbank, betonte die Bedeutung einer gemeinsamen gesellschaftlichen Vision für die Transformation der Ernährungs- und Landwirtschaft. Weniger Dogmatismus, mehr attraktive Zukunftsbilder – dieser Appell fand bei den Teilnehmer:innen großen Anklang.

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Die hier Anwesenden wollen den Weg der Transformation aus voller Überzeugung gehen. Das gilt aber für sehr viele andere Menschen nicht. Wir brauchen deswegen ein attraktives Bild, mit dem wir möglichst viele davon überzeugen können, diesen Weg mit uns zu gehen.

Nikola SteinbockSprecherin des Vorstands
Rentenbank

Wie können wir mehr Menschen für diese Vision begeistern? Tim Bengel (Künstler) und Christoph Raff (stellvertr. Leiter Gemüsering Stuttgart) fanden eine Antwort auf diese Frage in Kunst und Kultur. Denn anstatt Avocado oder Chiasamen erklären sie Kohl zum Superfood. Und starten eine Kunst-Kampagne: Vom 16. bis 23. September organisieren sie ein SUPERKRAUT-Festival in Stuttgart mit einer Kunst-Ausstellung rund um das Thema Kohl.

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Wie schaffen wir es, Kraut wieder attraktiver zu machen? Wie können wir Kraut zum Superfood machen? Wir wollen Kohl wieder in die Mitte der Gesellschaft rücken.

Christoph Raffstellvertr. Leiter
Gemüsering Stuttgart

Der Weg zu einer nachhaltigen, regenerativen Ernährungs- und Landwirtschaft ist notwendig, wenn wir unsere Lebensgrundlage auch für zukünftige Generationen erhalten wollen. Das sagte auch Marc Buckley, Co-Autor des SDG-Manifests der Vereinten Nationen, in seiner Keynote über die örtlichen Implikationen der globalen Landwirtschafts- und Ernährungssysteme.

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When you are cheap in food, you are cheap in life. We are a microcosmos of the world around us. Regenerative agriculture brings about more abundance, flourishing trees and soils. If we have healthy soils around us, the food we eat will also be abundant and healthy.

Marc BuckleyCo-Autor des SDG-Manifests der Vereinten Nationen
Berater des UNFCCC

Nach dem Festival ist vor dem nächsten gemeinsamen Projekt

Was nehmen wir aus diesen inspirierenden Tagen mit? Mut und Zuversicht. Wir sagen Danke für den intensiven Austausch. Jetzt gilt es, Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Bei Farm-Food-Climate konzentieren wir uns auf die Wirkungsfelder Agroforst, Paludikulturen und Gemeinschaftsverpflegung.

Du arbeitest an einer Lösung in diesem Bereich und bist noch kein Teil der Farm-Food-Climate Community? Dann gestalte mit. 

 

Text: Nina Schiegl

Fotos: Leander von Thien

 

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Über Farm-Food-Climate

Artikel in der agrarzeitung

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