Die Zeit für Klimajobs ist jetzt: Auftakt von 10.000 Tage

Berlin, 6. Juli 2023. Handwerksbetriebe, Tech-Start-ups, Klima-NGOs, Bildungsorganisationen, Kommunal- und Bundespolitik: Aus sämtlichen Bereichen kamen heute 270 Beteiligte zum Auftakt von „10.000 Tage“ zusammen. Gemeinsam setzten sie den Startschuss für einen von ProjectTogether und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierten Innovationsprozess. Ziel ist die breite Mobilisierung, Ausbildung und Stärkung von Klima-Fachkräften durch neuartige Zusammenschlüsse.

 

Der Fachkräftemangel in Deutschland betrifft insbesondere Bereiche von hoher gesellschaftlicher Relevanz. So fehlen zur Erreichung der Klimaziele bis 2040 Prognosen zufolge über 750.000 Fachkräfte.* Es braucht viel mehr Menschen, die zum Beispiel als Installateur:in für Solartechnik oder Wärmepumpen arbeiten. Die digitale Auftaktveranstaltung von 10.000 Tage bot Einblicke in die Breite der Herausforderungen, aber auch in die Vielfalt der Beteiligten, die jetzt an Lösungen mitwirken wollen.

Gemeinsam Lösungen für mehr Klimajobs entwickeln

„Der Fachkräftemangel hält uns davor zurück, die großen Aufgaben unserer Zeit zu lösen“ leitet Jonathan Funke zusammen mit dem ProjectTogether-Team ein. Zur Schaffung der dringend benötigten Klimajobs brauche es das Mitwirken aller Sektoren und Regionen, viele verschiedene Fähigkeiten und Hintergründe seien gefragt.Welche sind die Hebel in der Berufsorientierung oder Ausbildung? Wie lassen sich Umschulung oder Weiterbildung verbessern? Wie sorgen wir dafür, dass Neuzugewanderte schneller in Berufe kommen? Das seien jetzt einige von vielen Herausforderungen.

„Der Grund, weshalb viele soziale Innovationen nicht wirken oder in die Breite kommen, ist oft, dass nicht die richtigen Partner:innen da sind, damit sie die Schlagkraft bekommen, die es braucht“, stellt Philipp von der Wippel fest. Jetzt gehe es nicht um das Voranbringen einzelner Organisationen oder Partikularinteressen, sondern um Collective Action: Partner:innen aus allen Teilen der Gesellschaft bündeln ihre Kräfte und finden ins gemeinsame Handeln.

Der Geschäftsführer der Online-Jobplattform Stepstone in Deutschland, Sebastian Dettmers, blickt auf die globalen Herausforderungen: Bei einer bald schrumpfenden Bevölkerung gelte es immer mehr Herausforderungen zu stemmen, wie eine nachhaltige Wirtschaft, die Finanzierung von Rente, Bildung oder Gesundheitssystem. „Lasst uns die Erwerbspotenziale heben“, lautete sein Appell. Es gebe immer noch viel zu viele Menschen, die nicht in den Arbeitsmarkt integriert würden. „20 Prozent der Kinder und Jugendlichen verlassen die Schule, so sagt man: nicht ausbildungsfähig.“

Energie, Bauen und Transport - das seien die drei Top-Bereiche für kommende Greentech-Jobs. Doch auch in vielen anderen Bereichen könne man sich mit dem eigenen Job gegen den Klimawandel engagieren. Doch es fehle Awareness: „Es gibt wahnsinnig viele Branchen, wo das Thema noch gar nicht publik ist.“ Dabei wären 40 Prozent der Jobsuchenden zu Gehaltseinbußen bereit, wenn der Arbeitgeber nachhaltig arbeiten würde.

10.000 Tage ist ein Open-Social-Innovation-Prozess. Bild: ProjectTogether.

Weitere Stimmen aus dem digitalen Auftakt

Andreas Cloer, Geschäftsführer des Haustechnikbetriebs Gebro-Herwig: „Es gelingt uns immer besser, aber noch nicht in der Breite, in die Köpfe der jungen Menschen hineinzukriegen, dass es sehr wertvoll ist, in solchen technisierten Berufen zu arbeiten. (...) Viele von den Klimaschützern - Betriebe in den Bereichen der Wärmewende und Dekarbonisierung - sind einfach zu klein, um das zu professionalisieren. Der durchschnittliche Heizungsbauer hat fünf oder sechs Mitarbeiter.“

Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen: „Mir ist wichtig, dass wir nicht nur über Sanitär, Bau und Transport reden, sondern gewerblich zu denken anfangen. Das Wichtigste ist, dass wir es schaffen, in der Ausbildung die jungen Erwachsenen oder auch die Meister dafür zu begeistern, sich zu fragen: Wie können wir mit unserem Tun einen Beitrag leisten, in unserer Arbeit den CO2-Fußabdruck zu verändern? (…) Wir bieten als Kammer Unterstützung, wenn ein Bäcker sich überlegt: Wie kann ich meine Prozesse verändern, sodass weniger Öl und Gas herauskommt? Wie können deine Kühl- und Lagerprozesse angepasst werden? Dann sieht man, was man erreichen kann, wenn man vor Ort, in der regionalen Wertschöpfung zu arbeiten beginnt.“

Julia Görlitz, politische Sekretärin beim Vorstand der IG Metall, zur Frage, welche Jobs attraktiv sind: „Wenn ich mir die Jobs aussuchen kann, dann gehe ich dorthin, wo ich die Werte teile (…), einen sicheren Job finde, der gut bezahlt ist und wo ich das Gefühl habe, dass ich wirken kann. Mir ist es wichtig, dass der Job auch auf längere Sicht zum Leben passt.“

Niklas Schmucker, Azubi: „Ich finde, dass (noch nicht) bei jedem angekommen ist: Das sind wirklich die Jobs, auf die es ankommt. Es gibt glücklicherweise schon eine klimapolitisierte Jugend. Wenn die Arbeitgeber:innen mehr Raum schaffen würden, dieses Engagement auch einbringen zu können, in der Mitentscheidung im Betrieb, wäre das ein großer Faktor.“

Wie geht es jetzt weiter?

Du möchtest bei 10.000 Tage mitwirken? Dann registriere Dich jetzt auf der Website unter „Mitmachen“: www.10000tage.org und werde Teil unserer Mission. Der erste Community Call findet am 19. Juli um 17:00 Uhr statt. Dort wird das Team über bestehende Herausforderungen sprechen, Collective-Action-Projekte vorstellen und die weitere Vernetzung anstoßen.

Zur vollständigen Aufzeichnung der Veranstaltung:

Mehr zu 10.000 Tage

Wie können wir attraktive Arbeitsbedingungen in Klimajobs schaffen? Welche (Um-)Schulungen sind für die Ausbildung zu Klima-Fachkräften gefragt? Wie gelangen junge Menschen – gerade mit schwierigeren Startbedingungen – in die für sie passenden Zukunftsjobs? Bei 10.000 Tage treffen Expert:innen von Handwerkskammern und Bildungsanbieter:innen, Entscheider:innen aus KMUs oder Konzernen auf Bildungsakteur:innen, Gründer:innen und engagierte Freiwillige. In neuartigen Zusammenschlüssen sollen sie innovative Ideen schmieden oder bestehende Lösungsansätze weiterentwickeln.

Die zugrundeliegende Methodik heißt „Open Social Innovation“ und wurde in den letzten Jahren von ProjectTogether bei den staatlich-zivilgesellschaftlichen Innovationsprozessen #WirVsVirus und UpdateDeutschland erfolgreich erprobt. Finanziert wird 10.000 Tage vom BMBF, das 1,5 Mio. Euro zur Förderung von innovativen Kollaborationsprojekten zur Verfügung stellt. Der Name „10.000 Tage“ bezieht sich auf die Zeit, die Arbeitnehmer:innen     durchschnittlich im Leben mit Erwerbsarbeit verbringen. 

www.10000tage.org

* Jürgen Blazejczak und Dietmar Edler (2021): Arbeitskräftebedarf nach Sektoren, Qualifikationen und Berufen zur Umsetzung der Investitionen für ein klimaneutrales Deutschland.

Text: Nina Schiegl, Johannes Tödte

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