Privat-öffentlicher Welcome Alliance Fund: schnell, flexibel, nah an Menschen
Die Welcome Alliance und das Bundesinnenministerium (BMI) entwickeln ein neues Modell für privat-öffentliche Förderung und Zusammenarbeit.
Nach der russischen Voll-Invasion in die Ukraine zeigte sich: Staatliche Förderinstrumente reagieren zu langsam. Aus einer zivilgesellschaftlich-unternehmerischen Initiative entstand so der privat-öffentliche Welcome Alliance Fund: ein neues Instrument, das schnelle, flexible und wirkungsorientierte Förderung möglich macht.
Finanzierungsinstrumente reagieren zu langsam
Als im Frühjahr 2022 nach der Invasion Russlands auf die Ukraine hunderttausende Menschen Schutz in Deutschland suchten, wurde klar: Unsere bestehenden Förderinstrumente reagieren zu langsam auf Krisen. Deshalb schlossen sich zahlreiche Organisationen zur Alliance4Ukraine zusammen. Gemeinsam haben sie einen privat finanzierten Notfallfonds ins Leben gerufen, der innerhalb weniger Wochen über 80 Projekte für Geflüchtete unterstützt hat. Mehr als drei Millionen Euro konnten mobilsiert werden.
Dieser Erfolg machte Mut und warf die Frage auf: Wie lässt sich ein solches Förderinstrument über den akuten Krisenmoment hinaus verstetigen?
Vom Notfallfonds zur strukturellen Innovation
Auf dieser Grundlage haben wir gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) den Fund im Sommer 2024 zum Welcome Alliance Fund weiterentwickelt, das erste privat-öffentliche Förderinstrument seiner Art. Das Ziel: Zivilgesellschaftliches Engagement in den Bereichen Ankommen und Teilhabe flexibel, bedürfnisorientiert und wirkungsstark zu fördern – und gleichzeitig erproben, wie der Staat in Krisenzeiten handlungsfähiger ist.
Wie lassen sich Entscheidungsprozesse schneller, partizipativer und wirksamer gestalten, ohne die Vielfalt der Akteur:innen zu verlieren? Diese Frage stand im Zentrum, als ProjectTogether, das BMI und Partner:innen aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft begannen, aus dem kurzfristigen Kriseninstrument eine dauerhafte Struktur zu entwickeln. Gemeinsam entwarfen wir ein Modell, das staatliche und private Mittel in einem Fonds bündelt und Förderentscheidungen auf Augenhöhe trifft.
Mit Erfolg: Der Welcome Alliance Fund startete im Sommer 2024 mit einem eigenen Titel im Bundeshaushalt, ergänzt durch private Mittel von Partner:innen wie CapGemini.
»Zunehmende globale Krisen fordern eine intensive Auseinandersetzung mit Migration, insbesondere in Deutschland als zentrales Einwanderungsland in Europa. Integration und gesellschaftliche Teilhabe gelingen nur im Zusammenspiel von Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft.«
Timo Graf von Koenigsmarck, CapGemini Invent Germany
Neue Chancen für migrantische Gründer:innen
Wie wirkt diese neue Förderlogik konkret? Ein Beispiel ist der Migrant Founders Accelerator. Das Programm unterstützt Gründer:innen mit eigener oder familiärer Einwanderungsgeschichte, die in Deutschland Unternehmen aufbauen wollen und dabei auf strukturelle Barrieren stoßen: begrenzter Zugang zu Kapital und Netzwerken, komplexe Verfahren, wenig Sichtbarkeit.
Mit der Förderung des Welcome Alliance Fund konnten zwei zwölfwöchige Accelerator-Batches umgesetzt werden. Neben Input-Sessions zu Finanzierung, Gründung und Kommunikation erhielten die Teilnehmenden individuelles Coaching, Mentoring und Zugang zu Unternehmenspartner:innen. Parallel entstand eine Peer-Community mit über 400 Gründer:innen, die sich regelmäßig austauschen.
»Wir sind begeistert von der unkomplizierten Unterstützung des Welcome Alliance Fund. Von der Antragsstellung bis zur Abwicklung lief alles reibungslos, schnell und ohne bürokratischen Aufwand. Gerade in einem Bereich, der sonst von hohen Hürden geprägt ist, war das eine echte Erleichterung und hat maßgeblich zum Erfolg unseres Projekts beigetragen.«
Johanna Kutter, Finance Manager beim Migrant Founders Accelerator
Insgesamt konnten 27 Gründungsteams mit 62 Migrant Founders begleitet werden; sechs Teams erhielten Pre-Seed-Finanzierungen, darunter zwei EXIST-Förderungen, fünf gewannen Preise. Ein Team entwickelte während des Programms ein nachhaltiges Geschäftsmodell, sicherte sich Investorenkontakte und gewann neue Partner – ein Fortschritt, der ohne flexible Förderung kaum möglich gewesen wäre.
(Post-)Migrantische Perspektiven entscheiden über die Fördervergabe
Ein zentrales Element des Fonds ist der Fund-Beirat – ein divers zusammengesetztes Gremium, in dem viele Mitglieder eigene (post-)migrantische Erfahrungen einbringen. Er entscheidet über Förderanträge und wirkt direkt in die Communitys hinein. Dadurch werden Projekte sichtbar, die sonst kaum Zugang zu klassischen Fördermitteln hätten. Das verändert nicht nur Abläufe, sondern auch Machtverhältnisse: Wer über Mittel entscheidet, bestimmt, was als förderwürdig gilt.
»Durch die Bündelung von Mitteln aus privater und öffentlicher Hand können wir Engagement schneller und effektiver unterstützen und dauerhafte ehrenamtliche Strukturen stärken.«
Bernd Krösser, Staatssekretär im BMI
Alle zwei Monate zeichnet der Fund-Beirat Projekte aus, die Ankommen und Teilhabe stärken, unabhängig von Größe oder Rechtsform. Fünf modulare Förderformate – von Stipendien über Pauschalen bis zu projektbezogener Förderung – ermöglichen eine flexible, unbürokratische Unterstützung. Bedarfe werden individuell beantwortet, ohne starre Raster.
»Ich engagiere mich im Fund-Beirat der Welcome Alliance, weil ich an eine gerechte, vielfältige Gesellschaft glaube, in der Teilhabe kein Privileg, sondern ein Recht ist. Diskriminierung bekämpfen heißt für mich: Strukturen ganzheitlich verändern, Perspektiven einbeziehen und Vielfalt aktiv gestalten.«
Doreen Denstädt, ehem. Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz
ProjectTogether in Aktion
ProjectTogether hat den Welcome Alliance Fund gemeinsam mit dem Bundesinnenministerium (BMI) zu einem privat-öffentlichen Förderfonds weiterentwickelt.
- Koordination: Gesamtsteuerung und operative Umsetzung des Fonds, Kommunikation zwischen Akteur:innen
- Prozessarchitektur: Entwicklung eines zugänglichen, bürokratiearmen Förderprozesses
- Begleitung: Aufbau und Moderation des divers besetzten Fund-Beirats
- Haltung & Prinzipien: Fokus auf Wirkung, Augenhöhe, machtkritischer Reflexion und geteilter Verantwortung
Gelder schneller dort einsetzen, wo sie gebraucht werden
Bereits im ersten Monat nach dem Start hat der Beirat über 1,4 Millionen Euro an 34 Projekte vergeben – von lokalen Begegnungsräumen bis zu digitalen Teilhabeplattformen. Diese Praxis zeigt: Wirkung entsteht, wenn Verantwortung geteilt wird – zwischen öffentlicher Hand, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Wenn Förderung nicht von Strukturen, sondern von Menschen und ihren Ideen her gedacht wird, können niedrigschwellige, flexible und partizipative Fördermodelle zum Standard werden. Damit kann der Welcome Alliance Fund mehr als ein Pilot-Projekt sein, und ein Vorbild für moderne, wirkungsorientierte Förderung sein. Für eine zeitgemäße Förderlogik, die auf Wirkungsorientierung und Flexibilität setzt. Das stärkt den Staat, schneller und lernfähiger auf Krisen zu reagieren.
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